3. Beiträge zur Bibliographie der Drucke von Johannes Winterburger. II.

Das Antiquariat (Wien) 1962. Nr. 9–10. 229–232.

I

Ergänzungen zu den Drucken, die in der früheren Mitteilung[1] beschrieben wurden.

Ad Nr. 2. (Johannes Glogoviensis:) Signatio, deutsch.   
In das Manuskript des Gesamtkataloges der Wiegendrucke (Berlin, Deutsche Staatsbibliothek) wurde ein zweiblättriges Bruchstück eines Kalenders eingetragen, das – laut Typennachweis – aus der Wiener Werkstatt des Johannes Winterburger stammt und von der Württembergischen Landesbibliothek aufbewahrt wurde. Bezüglich des Verfassers enthält das Manuskript des GW die Bemerkung: „ob von Grünspeck?”. Zu dieser Vermutung bot wahrscheinlich das Prognosticon des obigen Autors aus dem Jahre 1496[2] eine Grundlage. Mit Hilfe des Mikrofilmes über das Bruchstück, den mir die Landesbibliothek liebenswürdigerweise überließ, war feststellbar, daß eines der beiden Blätter genau mit dem Kalender von Winterburger identisch ist, der in meinem oben erwähnten Artikel unter Nr. 2 veröffentlicht wurde.      
Das andere Blatt der Württembergischen Landesbibliothek trägt die Signatur „iij” und enthält das dritte Kapitel des Prognostikons. So ist anzunehmen, daß dieses das dritte Blatt des Kalenders ist. Die beiden Stuttgarter Blätter sind miteinander in Format, Größe, Sprache und was Buchstabentypen anbelangt usw., völlig identisch. Auch die Form und das Maß ihrer Verstümmelung – die oberste Zeile wurde abgeschnitten – sind gleich. Des weiteren wurden beide Blätter aus derselben Einbanddecke eines Wiegendruckes[3] herausgelöst. So kann man ruhig annehmen, daß die beiden Stuttgarter Blätter zu demselben Winterburgischen Kalender gehören.

 

Ad Nr. 6. Constitutiones synodales ecclesiae cathedralis Strigoniensis.[4]     
Außer dem bisher als Unikat betrachteten Agramer Exemplar kam ein zweites zum Vorschein, und zwar in Preßburg. Ein Sammelband der dortigen ehemaligen Franziskanerbibliothek bewahrte uns diesen wertvollen Wiener Frühdruck. Der Sammelband befindet sich heute in der Preßburger Filiale der Matica Slovenska, in den Räumen des ehemaligen Franziskanerklosters, und wurde von Dr. Imrich Kotvan[5] veröffentlicht. Drei von den fünf Werken, die hier am Anfang des 16. Jahrhunderts zusammengebunden wurden, stammen aus Wien.[6]      
Aus dem Preßburger Exemplar der Graner synodalen Entschlüsse fehlt allein das erste leere Blatt. Da der gedruckte Text vollständig ist, ist es nun möglich, die Beschreibung der einzelnen Textteile genau wiederzugeben, die wir in der früheren Publikation – wegen der Verstümmelung der Agramer Exemplare – teilweise nur hypothetisch rekonstruieren konnten.       
Der vollständige Titel lautet:  
[rot]: INcipiunt Constitutio||nes noue Alme eccle-||sie Strigonieñ.       
Die ersten Zeilen des Textes:
(S4) schwarz: Icut doctor sũmus et Egregius btũs Augustinus testa-||tur: in libro de xġana fide: Katholica eccľa per orbem dif||fusa: tribus modis existare ćprobaţ ¶ Quicğd nãij ||… 
Die Größe des Buchstabens „i” auf dem ersten Textblatt ist genau 145 mm.[7] Auch die Zahl der Lombarden ist korrekturbedürftig: statt 28 sind 36 von den 7 mm-igen und 8 statt 6 von den 4 mm-Lombarden in dem Text vorhanden. Von der größeren, sogenannten „b” Lombardserie ist der Buchstabe „B” neu, der einmal in dem ganzen Werk vorkommt. Von den schon bekannten Buchstaben dieser Serie kommen „C”, „Q” und „S” je noch einmal und „D” noch viermal vor. – Von der kleineren, sogenannten „c” Lombardserie finden wir den schon bekannten Buchstaben „F” nochmals und ein bis heute unbekanntes „R”.

 

II

In dem ungarischen Staatsarchiv, Budapest, liegen einige gedruckte Ablaßbriefe, die in der Wiener Offizin von Johannes Winterburger hergestellt wurden. Von diesen sollen diesmal fünf bis heute sowohl vom historischen als auch vom Gesichtspunkte der Buchdruckergeschichte her unbekannte Ausgaben publiziert werden. Alle fünf Druckwerke waren zum selben Zweck bestimmt und enthalten den gleichen Text. Den Anlaß dazu bot die Tätigkeit des Kardinalnuntius Pietro Isuaglies in den Jahren 1501–1503 in Ungarn, der hier mit der Verkündigung des Jubiläumsablasses beauftragt war. Für die Geltungsdauer dieses Ablasses wurde den Gläubigen ein vollständiger Sündennachlaß versprochen, soferne sie an dem Kampf gegen die ungläubigen Türken persönlich teilnahmen oder – außer inbrünstigen Gebeten – für diesen erhabenen Zweck eine pekuniäre Hilfe leisteten.

Mit diesen Ablässen beschäftigten sich auch die folgenden Winterburgerischen Einblattdrucke, deren bibliographische Beschreibung in der Methode des GW lautet:

Nr. 7. [Isuaglies,] Petrus: Ablaßbrief zum Besten des Kampfes gegen die Türken.  1501. [Wien: Johann Winterburger]     
1 Bl. eins. bedr.
215×160 mm 46 Z. Type 12: 88 R Xylogr. Überschrift. (Vgl. Abb. 1.)      
Budapest, Staatsarchiv (2 Ex.: DL 60 895, 66 756)       
Budapest, Ak.
Bibl. (Okl. 556)

 




Abb. 1

Nr. 8. [Isuaglies,] Petrus: Ablaßbrief zum Besten des Kampfes gegen die Türken. 
1501. [Wien: Johann Winterburger] 
1 Bl. eins. bedr.
215×160 mm 46 Z. Type 12: 88 R Xylogr. Überschrift.        
Z. 1 xylogr. PETRVS gedr.: Miſeratione diuina tituli Sancti Cyriaci in Thermis ſacro ſancte Romañ || eccľie pbŕ Cardinalis Reginus ad Hungarie Bohemie ac Polonie regna: …
Z. 35: Datũ      ſub ſigillo nŕo ad hoc ordinato Die      Menſis      Anno dñi Milleſimoquingenteſimoprimo. || FORMA ABSOLVTIONIS TOTIENS QVOTIENS || Miſereaţ tui. … Z. 40: FORMA ABSOLVTIONIS ET PLENARIE REMISSIONIS SEMEL || IN VITA ET IN MORTIS ARTICVLO VEL VERISIMILI. || Miſereaţ tui. … Endet Z. 45: … In nomine patris et filii || et ſpirituſſancti. Amen.         
Budapest, Staatsarchiv (DL 36 087)
Košice, Stadtarchiv (App. Schwartzenbachiana N. 18 117)

 

Nr. 9. [Isuaglies,] Petrus: Ablaßbrief zum Besten des Kampfes gegen die Türken. 1502. [Wien: Johann Winterburger]       
1 Bl. eins. bedr. 110×236 mm 28 Z. Typen: 9: 165 G, 4: 124 G, 7: 68 G      
Z. 1: Petrus Miſeratiõe diuina tituli Sancti Ciriaci in Thermis ſacro ſancte Romañ eccleſie pbŕ Cardinalis Reginus ad Hungarie Bohemie ac Polonie regna. necnon pruſſiam || Ruſſiam … Z. 20: … Datũ      ſub ſigillo noſtro ad || hoc ordinato Die      Menſſis      Anno dñi Mileſimo quingenteſimoſecundo || Forma Abſolutionis totiens quotiens || Miſereaţ tui … Z. 25: Forma Abſolutionis et plenarie remiſſionis ſemel in vita et in mortis articulo vel verisimili || Miſereaţ tui. … Endet Z. 27: …remitto tibi pe-||nas in pñti ſeculo ² in purgatorio paciendas In nomine patris ² filii ² ſpirituſſancti. Amen.   
Budapest, Staatsarchiv (DL 93 699)




Abb. 2

Nr. 10. [Isuaglies,] Petrus: Ablaßbrief zum Besten des Kampfes gegen die Türken. 1502. [Wien: Johann Winterburger]     
1 Bl. eins. bedr. 110 × 236 mm 28 Z. Typen: 9: 165 G, 4: 124G, 7: 68G      
Vgl. Abb. 2.      
Budapest, Staatsarchiv (DL 46. 599)

 

Nr. 11. [Isuaglies,] Petrus: Ablaßbrief zum Besten des Kampfes gegen die Türken. 1502. [Wien: Johann Winterburger]     
1 Bl. eins. bedr. 215×157 mm 46 Z. Type 12: 88 R Xylogr. Überschrift.        
Z. xylogr. PETRVS gedr.: Miſeratõe diuina tituli Sancti Cyriaci in Thermis ſacro ſancte Romañ || eccleſie pbŕ Cardinalis Reginus ad Hungarie Bohemie ac Polonie Regna: …
Z. 35: Datũ      ſub ſigillo nŕo ad hoc ordinato Die      Menſis      || Anno dñi Milleſimoquingenteſimoſecundo. || FORMA ABSOLVTIONIS TOTIENS QVOTIENS || Miſereaţ tui … Z. 40: FORMA ABSOLVTIONIS ET PLENARIE REMISSIONIS SEMEL || IN VITA ET IN MORTIS ARTICVLO VEL VERISIMILI. || Miſereaţ tui.… Endet Z. 45: … In noe patris et filii || et ſpirituſſancti. Amen.     
Budapest, Staatsarchiv (DL 22 544)

Von den oben beschriebenen fünf Ausgaben wurden zwei[8] mit gotischen Typen und drei[9] in Antiqua hergestellt. Beide Ausgaben mit den gotischen Typen und eine in der Antiqua[10] weisen die Jahreszahl „1502” auf. Die zwei Paare,[11] die miteinander in Typen, Jahreszahl bzw. Zeilenanschlüssen übereinstimmen, unterscheiden sich aber voneinander im Satz von Fall zu Fall mehr als ein dutzend Mal.

Eine typgraphische Untersuchung beweist eindeutig, daß alle fünf Ausgaben aus der Wiener Offizin des Johannes Winterburger stammen. Die in unseren Drucken gebrauchte Antiqua wurde von Haebler in seinem Typenrepertorium mit der Nummer 12 bezeichnet.[12] Die Antiqua wurde von Winterburger um die Mitte des Jahres 1500 in Gebrauch genommen.

In den Ablaßbriefen, die mit gotischen Buchstaben gedruckt wurden, können wir dreierlei Typen unterscheiden: mit der ersten wurde der Text, mit der anderen der Titel der zwei Absolutionsformeln und mit der dritten das erste Wort „Petrus” gesetzt. Haebler registrierte die Texttype unter Nr. 7, die Type der Titelzeilen unter Nr. 4 und die Type des ersten Wortes unter Nr. 9.[13] Die älteste von diesen Winterburgischen Typen ist Nr. 4, die schon in zwei Kalendern für das Jahr 1495 gebraucht wurde.[14] Die Type Nr. 7 kennen wir aus den frühesten datierten Büchern – ebenso wie die Antiqua – des Jahres 1500.[15] Es sieht so aus, als ob Nr. 9 die jüngste Type sei: in einem datierten Druckwerk ist diese erstmals aus dem Kanon des Passauer Meßbuches vom 25. Mai 1503 bekannt.[16] Dank der Benutzung dieser Typen in unseren Ablaßbriefen kann man den Zeitpunkt der ersten Verwendung dieser Buchstaben um ein Jahr vorverlegen.[17]

Der Text sämtlicher erwähnten Ablaßbriefe ist identisch, doch weichen die zwei Gruppen – Antiqua und Gotica – voneinander nicht nur in der Form der Buchstaben ab. Die zwei Einblattdrucke, die mit den gotischen Typen hergestellt wurden, weisen das traditionelle liegende Querformat auf. Die Anwendung einer Antiqua in einem Ablaßbrief ist schon an und für sich ziemlich ungewöhnlich: dazu kommt noch das Hochformat dieser Drucke. Beide Erscheinungen sind beachtenswert: die Typographie der kirchlichen Druckwerke ist nämlich äußerst konservativ, das heißt: Format und Buchstabentyp wird nur sehr selten geändert. Das war schon in dem ersten Jahrhundert der Buchdruckerkunst so üblich. Interessanterweise ist die liberalere Behandlung der Buchstabentypen bei Winterburger zugleich recht charakteristisch. Er benützte z. B. seine Antiqua öfters selbst in seinen Ritualbüchern,[18] obwohl der Gebrauch der gotischen Typen bei solchen Werken fast eine ungeschriebene Regel war.[19] Es gibt auch noch einen weiteren Unterschied zwischen den zwei Gruppen der gedruckten Ablaßbriefe, und zwar: sämtliche bekannten Exemplare der gotischen Ausgaben sind auf Pergament, jene mit der Antiqua auf Papier gedruckt.

Wir finden keinen typographischen Schmuck in den Ablaßbriefen. Der einzige Textteil, der nicht mit den aufgezählten Typen hergestellt wurde, ist das Anfangswort „Petrus” der Antiqua-Ausgaben. Es weist in allen eine andere Form auf. Der Unterschied zwischen den „Petrus”-Wörtern der einzelnen Ausgaben kann am besten bei den Ausläufen der Buchstabenstengel beobachtet werden. Somit ist es klar, daß es sich nicht um einheitliche, gegossene Buchstaben, sondern um Holzlettern handelt. Winterburger hatte nur eine Antiqua, daher mußte er die zur Auszeichnung bestimmten Wörter separat in Holz schneiden lassen. Es ist bemerkenswert, daß nicht nur die „Petrus”-Wörter selbst, sondern auch ihre einzelnen Buchstaben voneinander abweichen; die Buchstaben „R” und „V” beugen sich – vor allem in der Ausgabe mit der Jahreszahl „1502” – übereinander. Aus diesen beiden Tatsachen kann man darauf schließen, daß das Wort „Petrus” in sämtlichen Ausgaben aufs neue aus einem einzigen Holzblock herausgeschnitten wurde.

Wie schon oben erwähnt, wurden sämtliche bekannten Antiqua-Exemplare der Ablaßbriefe auf Papier gedruckt. Die Breite des Papiers der einzelnen Exemplare bewegt sich zwischen 21 und 23 cm, die Höhe zwischen 31 und 33 cm.[20] In drei Exemplaren[21] finden wir identische Wasserzeichen: eine Weintraube mit einem verdrehten Stengel. Papiere mit diesem Wasserzeichen wurden in diesen Jahren – laut Briquet[22] – in der Schweiz hergestellt. In der Bibliographie von Walter Dolch stoßen wir zweimal auf das gleiche Wasserzeichen: Baptismale Strigoniense, vom Jahre 1500[23] und Albertus Magnus: De secretis mulierum, o. J.[24] – Mit Hilfe unserer Ablaßbriefe bzw. des Graner Ritualbuches können wir den Zeitpunkt der Herstellung des letztgenannten Werkes in die Jahre 1500 – 1501 verlegen. Die früheren Zeitpunktbestimmungen lauten: GW „nach 1500 (?)”: Dolch = „etwa 1504, vor 1506”.

Wenn wir die bekannten Exemplare unserer gedruckten Ablaßbriefe in besonderem Hinblick auf den Zeitpunkt der handschriftlichen Ausfüllung bzw. auf deren typographische Varianten untersuchen, können wir folgendes feststellen:

1.  Budapest, Staatsarchiv,     DL 22 544 (Nr. 11) 1502. I. 1.

2.                                          DL 36 087 (Nr. 8) 1501. III. 26.

3.                                          DL 46 599 (Nr. 10) 1502. VIII. 8.

4.                                          DL 60 895 (Nr. 7) 1502. V. 25.

5.                                          DL 66 756 (Nr. 7) 1502. IV. 23.

6.                                          DL 93 699 (Nr. 9) 1502. VIII. 22.

7.  Budapest, Bibliothek der ungarischen Akademie, Okl. 556 (Nr. 7) 1502. III. 1.

8.  Košice, Stadtarchiv, Appendix Schwartzenbachiana N 18 117 (Nr. 8) 1502. III. 20.

Ein Artikel der Zeitschrift „Új Magyar Múzeum”[25] gibt uns einen Bericht über ein weiteres Exemplar dieses gedruckten Ablaßbriefes, der mit dem Datum vom 16. Mai 1502 versehen ist und in dem Archiv von Zayugróc aufbewahrt wurde. Leider war mir dieser Ablaßbrief nicht zugänglich.

Aus der obigen Zusammenstellung können wir folgendes feststellen: Von den beiden Antiqua-Ausgaben mit der Jahreszahl 1501 kennen wir insgesamt fünf Exemplare. Bei vier Exemplaren wurde die Jahreszahl bei der handschriftlichen Ausfüllung ausgebessert und „primo” durch „secundo” ersetzt. Auch der fünfte Ablaßbrief, der einzige ohne eine Korrektur der Jahreszahl, wurde mit 26. März 1502 und nicht, wie er aufweist, mit 26. März 1501 datiert. Diese Bestimmung ist aber nicht nur eine logische Folgerung der Ausbesserung auf den vier anderen Exemplaren, sondern läßt sich auch mit anderen Argumenten stützen. Im März 1501 hatte der Kardinallegat Petrus überhaupt erst die ersten Schritte seiner Tätigkeit in Ungarn unternommen: der von ihm organisierte Jubiläumsablaß konnte sich überhaupt noch nicht auswirken. Die ersten uns bekannten Ablaßbriefe seiner Aktion stammen aus den Monaten Mai und Juni des Jahres 1501 und wurden mit der Hand geschrieben.[26] Zu diesem Zeitpunkte stand also – höchstwahrscheinlich – noch keine gedruckte Formel für diesen Zweck zur Verfügung. Alle vier oben erwähnten Ablaßbriefe mit ihrer korrigierten Jahreszahl wurden in den Monaten März bis Juni des Jahres 1502 ausgefüllt. Auch der fünfte wäre hier gut einzureihen, wenn wir die Jahreszahl auf 1502 verbessern.[27]

Die einzige Antiqua-Ausgabe mit der Jahreszahl 1502 ist vom 1. Januar datiert. Eine Korrektur erscheint auch hier angebracht: die Jahreszahl sollte in diesem Fall auf 1503 ausgebessert werden. Diese Korrektur unterblieb wahrscheinlich deshalb, weil man in den ersten Tagen eines neuen Jahres aus alter Gewohnheit die Jahreszahl oft verfehlt. Es ist klar, daß die Formeln mit der Jahreszahl 1501, wie wir dies schon oben gesehen haben, in den Monaten März – Mai des Jahres 1502 gebraucht wurden, also früher als die Ablaßbriefe mit der Jahreszahl 1502.[28] Das Datum 1. Januar 1503 bei diesem Einblatt­druck ist schon deshalb glaubwürdig, weil die Verkündigung des Jubiläumsablasses zu dieser Zeit noch anhielt.

Auf Grund des Gebrauches könnte man folgende Chronologie der Ablaßbriefe aufstellen. Zuerst wurden die Antiqua-Ausgaben mit der Jahreszahl 1501 gedruckt, und zwar wahrscheinlich in der zweiten Hälfte 1501, da wir vom Juni desselben Jahres noch handschriftliche Ablaßbriefe kennen. Beide Varianten[29] wurden gleichzeitig in den Monaten von März bis Mai des nächsten Jahres angewendet. So kann man annehmen, daß sie auch zu gleicher Zeit hergestellt wurden. Wenn man nämlich mit der Presse gleichzeitig nicht nur einen halben Bogen, sondern einen ganzen Bogen gedruckt hat, war bei diesem Druckwerk von nur einem halben Bogen die Benützung von zwei Satzspiegeln offenbar ökonomisch. Man kann sich leicht vorstellen, daß die Ursache der beiden Varianten darauf zurückzuführen ist.

Die beiden Ausgaben[30] mit den gotischen Buchstabentypen wurden allem Anscheine nach in der ersten Hälfte des Jahres 1502 hergestellt, weil wir ihre Verwendung im Monat August kennen. Die Antiqua-Ausgabe mit der Jahreszahl 1502[31] wurde offenbar in der zweiten Hälfte dieses Jahres gedruckt. Eine weitere Variante dieser Ausgabe ist auf Grund obiger Ausführungen höchstwahrscheinlich gewesen, aber wir kennen nur ein einziges Exemplar.

Zuletzt sei hier erwähnt, daß wir noch einen anderen gedruckten Ablaßbrief des Kardinallegaten Petrus kennen; er stammt aus der Olmützer Offizin des Konrad Baumgarten. Die Angaben hiezu bieten uns zwei Antiquariatskataloge.[32] Auf der Vorderseite des Einblattdruckes befindet sich die Ankündigung des Waldenserwerkes von Institoris.[33] Auf der Rückseite des Folios liest man den Text des Ablasses mit der Jahreszahl 1501, der dem oben beschriebenen Text sehr ähnelt. Leider kenne ich kein Originalexemplar und mußte mich allein auf die Kataloge stützen. Es ist gewiß eine ungewöhnliche Lösung, einen Ablaßbrief mit einer Bücheranzeige verbunden zu publizieren, aber die Bevollmächtigung des Legaten Petrus war auch für Böhmen gültig; welches Land damals mit Ungarn durch den König Wladislaus in einer Personalunion stand, und wir haben auch einige Angaben darüber, daß der Kardinal mit der Bekämpfung der Ketzerei der Waldenser in Böhmen von Rom beauftragt worden war. So geht diese ungewöhnliche Doppelbestimmung des Einblattdruckes auf die persönliche Tätigkeit des Kardinals Petrus Isuaglies zurück.

Újabb kiegészítések Johannes Winterburger bibliográfiájához

Az előző cikk folytatásaként ebben ahhoz további kiegészítések találhatók. A bécsi Winter­burger-féle nyomda termékeinek edddig ismeretlen, új csoportját alkotják az ún. búcsúlevelek. A kitöltésre szánt egyleveles űrlapok nem tüntetik fel a műhelyt, ahol ezeket előállították. A tipográfiai sajátosságok alapján azonban megállapítható volt, hogy a Magyar Országos Levéltárban található hat és még két további gyűjteményben őrzött ilyen nyomtatványok a bécsi műhelyben készültek. Kéziratos kitöltésük mind a történelmi Magyarország területén történt az 1501. és 1502. évben.


[1] Dieser Artikel ist eine Fortsetzung des Aufsatzes, der in der Nr. 17/18 des Jahrganges 1956 der Wiener Zeitschrift „Das Antiquariat” an den Seiten 213–216 erschienen ist.

[2] H 8087 = Dolch, Walter: Bibliographie der österreichischen Drucke des XV. und XVI. Jahrhunderts. Hrg. von Eduard Langer. Wien 1913. Nr. 15 a–b.

[3] Michael de Carchano: Sermonarium de penitentia. Venedig: Georgius de Arrivabenis, 1496. – H 4507.

[4] Die ausführliche Besprechung siehe: Das Antiquariat (Wien) 1957. 70–72.

[5] Kotvan, Imrich: Incunabula bibliothecae filialis Matica Slovenská Bratislaviae. Martin 1959. Nr. 48.

[6] Außer unseren „Constitutiones” noch zwei, und zwar: Gerson, Johannes: De confessione et absolutione, 1482 [Drucker der Historie von S. Rochus] und [Wimpheling, Jacobus:] Defensio imunitatis et libertatis ecclesiasticae statusque sacerdotalis. [Um 1507 Joh. Winterburger.]

[7] Kotvan, Imrich: Incunabula bibliothecae filialis Matica Slovenská Bratislaviae. Martin 1959. Tafel IV.

[8] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. Nr. 9, 10.

[9] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. Nr. 7, 8, 11.

[10] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. Nr. 11.

[11] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. Nr. 7–8, 9–10.

[12] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. – Dieser Buchstabentyp wurde auch in einer Form veröffentlicht, die zur Vergleichung sehr geeignet ist: Veröffentlichungen der Gesellschaft für Typenkunde des XV. Jahrhunderts Taf. 1–2460. Leipzig 1907–1939. 2293.

[13] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. V. 69–70.

[14] Dolch, Walter: Bibliographie der österreichischen Drucke des XV. und XVI. Jahrhunderts. Hrg. von Eduard Langer. Wien 1913. Nr. 13, 14.

[15] GW 204. – Dolch, Walter: Bibliographie der österreichischen Drucke des XV. und XVI. Jahrhunderts. Hrg. von Eduard Langer. Wien 1913. Nr. 24, 27.

[16] Dolch, Walter: Bibliographie der österreichischen Drucke des XV. und XVI. Jahrhunderts. Hrg. von Eduard Langer. Wien 1913. Nr. 35, 36.

[17] Es soll hier erwähnt sein, daß der Gesamtkatalog der Wiegendrucke – GW 4418 und 8430 – zwei Bücher, die auch mit dieser Type gedruckt wurden – bestreitbarerweise – für Druckwerke des 15. Jahrhunderts hält.

[18]  Dolch, Walter: Bibliographie der österreichischen Drucke des XV. und XVI. Jahrhunderts. Hrg. von Eduard Langer. Wien 1913. Nr. 35, 38, 42, 51, 74, 75. usw.

[19] Man muß aber zugeben, daß unser Drucker seine Antiqua nur in den Widmungsversen, nicht aber in dem rituellen Text anwendete.

[20] Die Maße der beiden Pergamentexemplare sind 20×29 bzw. 19×29 cm.

[21] Budapest, Ungarisches Landesarchiv: DL 36 087, 60 895, 66 756.

[22] Briquet, C[harles] M[oise]: Les filigranes. IV. Paris etc. 1907. 645 Nr. 13 015, 13 016.

[23] GW 3242. – Dolch, Walter: Bibliographie der österreichischen Drucke des XV. und XVI. Jahrhunderts. Hrg. von Eduard Langer. Wien 1913. Nr. 25.

[24]  GW 765 = Dolch, Walter: Bibliographie der österreichischen Drucke des XV. und XVI. Jahrhunderts. Hrg. von Eduard Langer. Wien 1913. Nr. 105

[25] Zay Károly: Egy érdekes bűnbocsátó levél (Zay, Karl: Ein interessanter Ablaßbrief). In: Új Magyar Múzeum (Neues Ungarisches Museum) 1854. I. 393–395.

[26] In Kaschau und Eperjes = Budapest, Ungarisches Landesarchiv: DL 65 989 und DL 74 975.

[27] Auf Grund seines Datums könnten wir von dem Zayugrócer Ablaßbrief annehmen, daß er mit Antiquabuchstaben und mit der Jahreszahl 1501 gedruckt worden sei.

[28] Wir kennen keine von dieser gedruckten Ablaßbriefen, die vor dem 1. März 1502 ausgefüllt wurden.

[29] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. Nr. 7, 8.

[30] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. Nr. 9, 10.

[31] Haebler, Konrad: Typenrepertorium der Wiegendrucke. I–V. Halle/Saale 1905–1924. I. 111. Nr. 11.

[32] Gilhofer & Ranschburg, Wien. Kat. 165, Nr. 50, und Ranschburg, Budapest. Kat. 106, Nr. 469.

[33] Institoris, Henricus: Sancte Romane ecclesie fidei defensionis clippeum adversus Waldensium seu Pickardorum heresim. Olmütz: Baumgarten, 20. März 1502.




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