7. Jakob Mair ein nahezu unbekannter Wiener Drucker des XVI. Jahrhunderts

Gutenberg-Jahrbuch (Mainz) 1963. 128–132.

Im Jahre 1956 hatte ich die Möglichkeit, die Bruchstücksammlung der Bibliothek des Benediktiner-Ordens in Pannonhalma (Ungarn) durchzublättern. Unter anderen fand ich dort drei beschädigte Blätter des Stimmbuches Bassus aus dem Primo libro delle canzone Italiane à cinque voci” von Jakob Regnart, die in der Offizin von Jakob Mair in Wien im Jahre 1574 hergestellt wurden. Weil ich mich mit den älteren Wiener Druckwerken ziemlich eingehend beschäftigte, begann ich die Blätter etwas näher zu untersuchen.[1] Anton Mayer schrieb[2] über den Drucker wie folgt: Jakob Mayr. (Um 1570 bis 1580.) Von diesem Meister haben wir ebenfalls keinen Druck erhalten können, und sein Name wird nur in den mehrerwähnten Streitschriften zwischen dem Bürgermeister und Rathe der Stadt einerseits und dem Rector und Consistorium der Universität anderseits genannt. Da er im Bürgerbuche auch als Steuerzahler vorkommt, war er bürgerlicher Buchdrucker; von seinen Beziehungen zur Universität wissen wir nichts.“ Josef Benzing hat Jakob Mair in seinem Buchdruckerlexikon[3] überhaupt nicht erwähnt.

Über meine Funde habe ich Herrn Peter Riethus (Wien) verständigt, der sich mit den frühen Wiener Musikdrucken beschäftigt. Er nahm das Druckwerk in seine Liste[4] auf, aber mit der Bezeichnung: ohne Fundort.

Der fruchtbare Komponist Jakob Regnart (1540 bis 1599) stammte aus Flandern, verbrachte aber fast sein ganzes Leben in Wien, Innsbruck und Prag im Dienste der Habsburger. In den Jahren 1568–1570 hat er sich in Italien aufgehalten.[5] Aus seinen dort frisch erhaltenen Eindrücken komponierte er die obenerwähnte erste Sammlung von seinen italienischen Liedern, die überhaupt sein erstes im Druck erschienenes Werk ist. Karl Ferdinand Becker[6] waren nur die dritte Ausgabe (Nürnberg, 1581) bzw. die zwei deutschen Übersetzungen des Werkes von Regnart bekannt.[7] Aber die Ausgabe vom Jahre 1574, gedruckt in der Wiener Offizin von Jakob Mair, wurde schon von Robert Eitner in seiner Monographie über Jakob Regnart[8] als Erstausgabe erkannt:[9] (Versal:) Bez. des Stb. || Di Jacomo Regnart || Mvsico Della S. C. Maes-||ta. Dell’ Imperatore / Maximiliano Secondo. || Il Primo Libro Delle Canzone || (Petit:) Italiane à cinque voci, nouamente pofte || in luce. || Vignette. || (Versal:) In Vienna || Appresso Jacomo Mair. || M. D. L. XXIIII. 5 Stb. in kl. quer 4.°. Dedic. Principe Ridolpho d’Austria re di Hungaria, gez. v. Kompon. Die Vienna li 24 Daprile 1574. Exemplare: Stadtbibl. in Danzig, kompl. – Bibl. der Marienkirche in Elbing, kompl.”

Er gibt auch die Anfänge der siebzehn Liedertexte an.

Eitner berichtete noch[10] über die zweite Ausgabe des Werkes von Regnart, die im Jahre 1580 in ganz gleicher Einrichtung in Nürnberg erschien,[11] wie die erste Wiener Ausgabe von 1574. Der Umstand, daß die Jahreszahl in der Nürnberger Ausgabe nur im Stimmbuch für Tenor angegeben ist, verursachte später manche Mißverständnisse in den Bibliographien. Emil Vogel[12] hat nämlich irrtümlicherweise einen neuen bibliographischen Posten kreiert: eine Nürnberger Ausgabe ohne Jahreszahl, aber auf Grund der Datierung in der Dedikation für 1574 gehalten. Als Fundorte wurden von ihm folgende Sammlungen angegeben: London Br. M. (kompl.), Elbing (kompl.) und Paris BN (nur Superius).



Abb. 1

Robert Eitner übernahm in sein Quellen-Lexikon[13] das Versehen von Vogel nicht: er nennt nur die Wiener Ausgabe von 1574 und die Nürnberger von 1580. Aber bei der Wiener Ausgabe gab er als Fundorte nicht nur Danzig und Elbing an, so wie er es früher in seiner oben schon erwähnten Regnart-Monographie getan hat, sondern er übernahm von Vogel die Fundorte London Br. M. und Paris BN.

Aber im British Museum[14] und in der Bibliothéque Nationale[15] befinden sich tatsächlich nur die Nürnberger Ausgabe aus dem Jahre 1580. Solange wir über die Exemplare von Elbing und Danzig nicht unterrichtet sind, ist die Wiener Ausgabe und dadurch überhaupt die Produktion der Druckerei von Mair für uns nur durch das Bruchstück von Pannonhalma zugänglich.

Die drei ziemlich stark beschädigten Blätter sind an der Seite der Heftung verstümmelt. Sie wurden von einer, heute schon unbekannten Einbanddecke ausgelöst. Dieselben Wurmlöcher, die man in allen drei Blättern auffinden kann, beweisen, daß sich die Blätter in derselben Einbanddecke versteckt hielten. Das erste Blatt ist das Titelblatt, das zweite – mit der Bogensignatur „A iiij – trägt die Seitenzahlen 5 und 6, das dritte ist das letzte Blatt, wo man auch das Register finden kann. An der Rückseite des Titelblattes befindet sich die Dedikation von Jakob Regnart (Wien, 24. IV. 1574.), dem damaligen Kronprinzen Rudolf gewidmet. Auf der 5. Seite fängt das Lied Io voglio far hormai und auf der 6. Seite das „Chiamo la mort’ haime an, die als fünftes und sechstes der siebzehn Lieder im Register aufgeführt sind. Dieselben Lieder kommen – laut Vogel[16] - in der 22 Seiten starken zweiten Ausgabe (Nürnberg 1580) auf der 7., bzw. 8. Seite vor. So kann man den Umfang der fünf Stimmbücher der Wiener Ausgabe auf je 24. Seiten schätzen.

Die allgemeine typographische Ausführung des Druckes von Mair erreicht nur das Durchschnittsniveau, dagegen betont Riethus[17] den höheren Entwicklungsstand des Notendruckes.

Man muß das Buchdruckerzeichen hervorheben, das sich auf dem Titelblatt befindet. Der Holzschnitt zeigt uns innerhalb eines Rahmens einen Baum, um welchen sich eine Schlange ringelt mit dem Spruchbande im Maul: „Estote prudentes. Auf dem Gipfel des Baumes sitzt eine Taube, gleichfalls mit einem Spruchband im Schnabel: et simplices”. Der ganze Satz spielt auf die Erklärung Christi an: Ihr aber seid klug wie die Schlange und einfältig wie die Taube.” Genau derselbe Holzschnitt kommt in mehreren Produkten des Wiener Druckers Blasius Eber vor.[18] Auch der Vergleich der gegossenen Zierstücke und der Typen aus den Druckwerken beider Typographen bringt uns einen Beweis dafür, daß die Druckerei von Blasius Eber, die in den Jahren 1571–1573 in Wien tätig war, später – höchstwahrscheinlich seit Anfang 1574 – unter der Leitung von Jakob Mair stand.

Jakob Mair, a szinte ismeretlen 16. századi bécsi nyomdász

A pannonhalmi könyvtár töredékgyűjteményéből előkerült a bécsi Jakob Mair műhelyében 1574-ben készült zenei nyomtatvány címlapja és egy további levele. Az ő tevékenységéről a szakirodalom korábban csak néhány levéltári adatot ismert csupán. A töredéken látható nyomdászjelvény megegyezik azzal, amelyet Blasius Eber 1571–1573 között használt ugyanebben a városban. Így joggal tekinthető Mair az ő üzleti utódjának.


[1] Das Bruchstück wird in Pannonhalma heute unter der Signatur 83B*52 aufbewahrt.

[2] Mayer, Anton: Wiens Buchdrucker-Geschichte 1482–1882. I. Wien 1883. 113.

[3] Benzing, Josef: Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhunderts. Frankfurt am Main 1952.

[4] Riethus, Peter: Der Wiener Musikdruck im 16. und 17. Jahrhundert. In: Das Antiquariat (Wien) 1958. 5–9.

[5] Grove’s Dictionary of Music and Musicians. VII. London 1954. 104–105.

[6] Becker, C. F.: Die Tonwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts. 2. Ausg. Leipzig 1855. Sp. 227, 237.

[7] Es sei hier erwähnt, daß Becker die zwei deutschsprachigen Ausgaben von München und Nürnberg statt 1583 und 1584 irrtümlich um zehn Jahre früher auf 1573 und 1574 setzte.

[8] Eitner, Robert: Jakob Begnart. In: Monatshefte für Musik-Geschichte. 1880. 88–101, 103–109, 119–131.

[9] Eitner, Robert: Jakob Begnart. In: Monatshefte für Musik-Geschichte. 1880. 97.

[10] Eitner, Robert: Jakob Begnart. In: Monatshefte für Musik-Geschichte. 1880. 98.

[11] Eitner (In: Monatshefte für Musik-Geschichte. 1880. 98.) vermutet mit Recht, daß der Drucker der zweiten Ausgabe die durch ihre Musikdrucke bekannte Firma „Catharina Gerlachin et haeredes Johannis Montani [Berg]” war. Dort erschien im Jahre 1581 auch das zweite Buch der italienischen Lieder von Jakob Regnart.

[12] Vogel, Emil: Bibliothek der gedruckten weltlichen Vocalmusik Italiens aus den Jahren 1500–1700. II. Berlin 1892. 124.

[13] Eitner, Robert: Biographisch-bibliographisches Quellen-Lexikon. VIII. Leipzig 1905. 156.

[14] Catalogue of printed music published between 1487 and 1800 now in the British Museum. II. London. 1912. 401. – The British Union-Catalogue of early music printed before the year 1801. II. London, 1957. 881.

[15] Catalogue du fonds de musique ancienne de la Bibliothèque Nationale. VII. Paris 1914. 165. – Hier wurde als Impressum „Nürnberg (1574)” angegeben. Aber sicher darum, weil das Stimmbuch für Tenor, in dem das Druckjahr (1580) allein angegeben wurde, in Paris nicht vorhanden ist.

[16] Vogel, Emil: Bibliothek der gedruckten weltlichen Vocalmusik Italiens aus den Jahren 1500–1700. II. Berlin 1892. 124.

[17] Riethus, Peter: Der Wiener Musikdruck im 16. und 17. Jahrhundert. In: Das Antiquariat (Wien) 1958. 5.

[18] Mayer, Anton: Wiens Buchdrucker-Geschichte 1482–1882. I. Wien 1883. 112, wo das Buchdruckerzeichen auch abgebildet ist.




TARTALOM KEZDÕLAP