20. Ein bisher unbekannter gedruckter Bruderschaftsbrief
der Hospitaliter vom Hl. Geist

Gutenberg-Jahrbuch (Mainz) 1984. 142–144.

Der Orden der Hospitaliter zum Hl. Geist wurde um 1180 durch Guido von Montpellier in seiner Vaterstadt gegründet. Nachdem er sich auch in anderen Städten ausgebreitet hatte und in Rom zur Unterstützung seiner Tätigkeit eine Bruderschaft entstanden war, übertrug ihm 1204 Papst Innozenz III. die Krankenpflege im Spital S. Maria (von da an Spirito) in Sassia (Saxonia). Nachdem der Orden nach einiger Zeit praktisch zu bestehen aufgehört hatte, wurde er durch eine Bulle Eugens IV. vom 25. März 1446 neu konstituiert. Gönner konnten bei Bezahlung von drei Goldgulden in die Bruderschaft eintreten, wodurch sie Privilegien und Ablässe erhielten, die im Laufe der Zeit von verschiedenen Päpsten erteilt wurden. Da diese Summe sehr hoch war und die Angehörigen der Bruderschaft zur persönlichen Anwesenheit in Rom und im Spital verpflichtet waren, war es nur wenigen möglich, sich der Bruderschaft anzuschließen.

Am 21. März 1478 wurden diese Beschränkungen mit einer Bulle Papst Sixtus’ IV. aufgehoben und dadurch das Einkommen der Hospitaliter wesentlich erhöht.[1] Diese, mit der Zeit fast uferlos gewordene Verteilung der Ablässe war eine für die damalige Zeit charakteristische Erscheinung, was bei den Gläubigen einen immer größeren Anstoß und später Protest erregte. Dies war bekanntlich unter anderem Anlaß für die Reformation Martin Luthers.


Die gelockerten Bestimmungen trugen zu einer größeren Verbreitung der Bruderschaft und zu einer wesentlich besseren finanziellen Situation bei. Die neuen Chancen wurden durch die Vorsteher der Hospitaliter ganz bewußt und geschickt ausgenutzt. Zur Verbreitung nahmen sie die große Errungenschaft der Technik, die Druckkunst, weitgehend in Anspruch. Eine ganze Reihe von Einblattdrucken, die auf die Hospitaliter zurückgehen, sind erhalten geblieben. So sind die „Indulgentiae et beneficia a sede apostolica concessa hospitali Sancti Spiritus Romae” schon um 1474 in Augsburg und um 1485 in Nürnberg in gedruckter Form erschienen.[2] Die Publikationsmöglichkeiten wurden sogleich benutzt, so wurden gedruckte Bruderschaftsbriefe zum Besten der Hospitaliter S. Spiritus in Saxonia von dem Ablaßkommissar Richardus Pontanus aus dem Jahre 1485 in Leipzig hergestellt.[3] Die Flut weiterer Ablässe hörte nicht auf: Papst Innozenz VIII. verlieh am 21. März 1486 den Hospitalitern vom Hl. Geist neue Privilegien. Albrecht von Bayern, Bischof von Straßburg, verkündete diese neue Bulle auch in gedruckter Form am 29. November 1486.[4] Die Propaganda, verkündet durch die modernsten Medien, blieb nicht ohne Erfolg, und sie wurden gleich in Praxis umgesetzt: Aegidius de Bona Fide de Escola ließ als Ablaßkommissar im Jahre 1488 in Löwen Bruderschaftsbriefe drucken.[5]

Natürlich wurden die Ablaßbriefe des Hospitals S. Spiritus in Saxonia zu Rom nicht nur im Ausland, sondern auch in Italien selbst verbreitet. Dazu ließ „Antonius Sebastiani de Casulis, prior Sancti Spiritus Villae Fontanae” das notwendige Formular, mit der Jahreszahl 1491, in Wirklichkeit im August 1492 in Bologna drucken.[6] Aus Deutschland stammen drei weitere gedruckte Zeugnisse der Ablaßverkündigung durch die Bruderschaft: Im Jahre 1492 wurde in Leipzig ein von „Domenicus de Runcho, praeceptoris sacri et apostolici hospitalis S. Spiritus in Saxia de urbe ac totius eiusdem ordinis magistri generalis” ausgestelltes Formular gedruckt.[7] Vier Jahre später erschien in Augsburg ein Druckwerk mit dem Namen von „Gabriel Fenolgiosa de Valentia, familiaris… nostri papae comissarius deputatus”,[8] und im Jahre 1497 ein von Wenceslaus Snorbach, Prior in Kuddewörde (Schleswig-Holstein), erlassener Brief, der in Lübeck gedruckt wurde.[9]

Am 11. August 1492 wurde Alexander VI. aus der spanischen Familie Borgia Papst. Dadurch entstanden noch engere Beziehungen zwischen Rom und Spanien, wie das Beispiel des eben erwähnten Fenolgiosa de Valentia zeigt, der als ein Familiar des Papstes seinen tätigen Anteil beim Sammeln zum Besten des Hospitals vom Hl. Geist ausübte. So ist es zu verstehen, daß nun auch die Spanier sich in den Angelegenheiten des Ordens vom Hl. Geist so tätig zeigten. Weiter sind aus dem Jahre 1499 zwei Einblattdrucke bekannt, die in Valladolid sogar in spanischer Sprache gedruckt und zum Besten der Hospitaliter S. Spiritus ausgestellt wurden.[10]

Auch bei anderen Völkern wurde der Ablaß verbreitet. Ein Zeugnis dafür ist der Einblattdruck, der im erzbischöflichen Archiv von Esztergom (Gran) in Ungarn aufbewahrt wird, wo sich unter dem Nachlaß des Bischofs von Neusohl bzw. Großwardein, Arnold Ipolyi (1823–1886), eine Spezialsammlung befindet mit zwei gedruckten Ablaßbriefen. Nr. 113 ist ein Ablaßbrief, gedruckt zum Besten des nach dem heiligen Antonius benannten Ordens für Krankenpflege in Ungarn. Das leere Formular ist unten beschädigt: Es fehlen die fünf Zeilen der „Forma absolutionis”. Der Druck wurde im Jahre 1505 in der Wiener Offizin von Johannes Winterburger hergestellt und ist bereits bibliographisch erfaßt.[11]

Unter Nr. 104 der genannten Sammlung von Ipolyi liegt ein zweiter Einblattdruck[12] mit einem Papiersiegel vor (siehe Abb.), ein Bruderschaftsbrief zum Besten der Hospitaliter vom Hl. Geist. Der Text ist mit dem von Antonius Sebastiani de Casulis und von Gabriel Fenolgiosa verbreiteten Wortlaut identisch. Der Aussteller nannte sich im Brief in folgender Form: „Nos Franciscus Tripontinus utriusque iuris doctor, reverendi in Christo patris et domini domini Constantii de Roma praeceptoris sacri et apostolici hospitalis Sancti Spiritus in Saxia de Urbe ac totius eiusdem ordinis magistri generalis, necnon dicti hospitalis et monasterii eiusdem procurator et commissarius deputatus. „Genauso lautet der Titel von Dominicus de Runcho aus dem Jahre 1492.

Das Datum des Briefes von Franciscus Tripontinus wurde mit (der gedruckten Jahreszahl) 1491 angegeben. Jedoch wurde diese Angabe bei der Ausstellung des Formulars mit der Feder in 1492 verändert. Im Brief selbst ist der Name „Innozenz VIII. „ zu lesen, der am 25. Juli 1492 gestorben ist. Dagegen kommt schon Alexander VI. als herrschender Papst in den erwähnten Briefen von Antonius Sebastiani Casulis und von Dominicus de Runcho vor. Den nun bekannt gewordenen Ablaßbrief von Esztergom kann man also in die obige, chronologische Abfolge der Einblattdrucke im Dienste der Hospitaliter vom Hl. Geist unmittelbar vor diesen zwei Ablaßkommissären einreihen.

Der Bruderschaftsbrief wurde am 21. März 1492 handschriftlich „nobis in Christo Nicolaus Zaczs cum coniuge sua Barbara” ohne Ortsangabe ausgestellt. In der Sammlung von Ipolyi sind fast ausschließlich Dokumente aus Ungarn erhalten geblieben, so kann man annehmen, daß auch dieses gedruckte Formular in Ungarn ausgefüllt wurde. Die Namen von Ungarn kommen in der Matrikel der Bruderschaft der Hospitaliter vom Hl. Geist zu Rom auffallend oft vor. Vince Bunyitai hat eine Liste dieser Personen publiziert.[13] Dabei kann man feststellen, daß unser Brief nicht in Rom ausgestellt wurde, obwohl die Zahl der damals aus Ungarn kommenden Personen in dieser Matrikel von Rom recht hoch ist: allein im Jahre 1492 sind etwa 50 solcher Eintragungen zu lesen. So darf man also mit Sicherheit annehmen, daß der gedruckte Bruderschaftsbrief in Ungarn ausgestellt worden ist, wo die Hospitaliter vom Hl. Geist damals mehrere Häuser besaßen.

Wie alle anderen Ablaßbriefe, die in Form eines Einblattdruckes hergestellt wurden, verrät auch dieser Bruderschaftsbrief seinen Drucker nicht. Die Texttype kann man als 7. Serie von Johann Hamann in Venedig identifizieren.[14] Die Lombard-Serie desselben Typographen[15] weicht aber von den drei Lombarden etwas ab, die im Einblattdruck zu finden sind, obwohl sie in der Größe und im Stil miteinander identisch sind. Diese Feststellung konnte man durch eine ergänzende Kontrolle nur verstärken: im „Missale Strigoniense” aus dem Jahre 1493[16] kommen fast alle Lombarden dieser Serie in Hunderten von Fällen vor. Auch sie weichen von den drei Lombarden des Bruderschaftsbriefs etwas ab. Dadurch ist die Zuweisung an Johann Hamann etwas unsicher, eine bessere Lösung konnte jedoch selbst die Redaktion des Gesamtkatalogs der Wiegendrucke (GW) in Berlin nicht empfehlen.[17]

Der Ablaßkommissar Franciscus Tripontinus könnte aus der Gegend nördlich von Rom stammen, wo es eine kleine Ortschaft Tripontino (Tripontinum) mit drei Brücken über die Nera und Fredera sowie über den Zusammenfluß der beiden gab.[18] Er war später in Deutschland auch darum bemüht, die Bruderschaftsbriefe zu verbreiten. Seine diesbezügliche und ziemlich berüchtigte 'Tätigkeit in Bayern, insbesondere in München, ist für die Jahre 1515 / 16 gut dokumentiert.[19] Jedoch war bisher sein Name nicht einmal im GW verzeichnet; auch seine Tätigkeit in Ungarn war unbekannt. Mit Sicherheit sind die von ihm nach Ungarn gebrachten Drucke in Venedig hergestellt worden, zumal die Handelsbeziehungen Johann Hamanns zu Ungarn in diesen Jahren sehr wohl bekannt sind, auch daß er engagiert war für Buchhändler in Buda (Ofen).[20]


A Szentlélekrõl nevezett ispotályosrend testvérületének tagjai részére nyomtatott ismeretlen búcsúlevél

A Szentlélekrõl nevezett ispotályosrend alapítása még a 12. században történt. 1204-ben rájuk bízták a korábban Szûz Máriáról, majd ettõl kezdve a Szentlélekrõl elnevezett római kórházat (S. Spirito in Sassia). Az ezt támogató testvérület tagjai számára 1478-tól kezdve mind bõvebb és vonzóbb búcsúkat biztosítottak a pápák. Ezeket azután széles körben hírdették mind Itáliában, mind szerte Európában, amihez nyomtatott búcsúlevelek is készültek.

Az esztergomi érseki levéltárban is õriznek ilyet, amit 1492-ben állított ki hely megjelölése nélkül Franciscus Tripontinus búcsúbiztos. A Gesamtkatalog der Wiegendrucke szerkesztõsége sem tudta biztonságosan meghatározni a mûhelyet, ahol ez az egyleveles õsnyomtatvány készült. Nyomdai kiállítása legközelebb a velencei Johann Hamann által használt felszereléshez áll.


[1] Paulus, Nikolaus: Geschichte des Ablasses am Ausgange des Mittelalters. Paderborn 1923. 238–247.

[2] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 722/723.

[3] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 1202.

[4] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 104 = GW 833.

[5] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 88 = GW 267.

[6] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 477 a = GW 6179.

[7] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 517 = GW 8641.

[8] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 584 = GW 9736.

[9] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 1390.

[10] Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts. Halle/Saale 1914. 1285/86.

[11] Az Országos Széchényi Könyvtár Évkönyve (Jahrbuch der Ungarischen Nationalbibliothek Széchényi) 1961–1962. 227.

[12] Papiergröße: 235×338 mm – Druckspiegel: 130×222 mm.

[13] Bunyitai, Vince: Liber confraternitatis Sancti Spiritus de Urbe 1446–1523. Budapest 1889.

[14] Veröffentlichungen der Gesellschaft für Typenkunde des XV. Jahrhunderts. Taf. 1–2460. Leipzig 1907–1939. 2431.

[15] Veröffentlichungen der Gesellschaft für Typenkunde des XV. Jahrhunderts. Taf. 1–2460. Leipzig 1907–1939. 1726.

[16] HC 11 432. – Catalogus incunabulorum quae in bibliothecis publicis Hungariae asservantur (CIH). I–II. Budapestini 1970. 2315. sz.

[17] Hier möchte ich für wertvolle Hilfe Frau Dr. Anneliese Schmitt (Deutsche Staatsbibliothek, Wiegendrucksammlung – Berlin DDR) nochmals aufrichtig danken.

[18] Zedler, Johann Heinrich: Grosses, vollständiges Universal-Lexicon. XLV. Leipzig-Halle 1745. Sp. 868.

[19] Paulus, Nikolaus: Geschichte des Ablasses am Ausgange des Mittelalters. Paderborn 1923. 244 f.

[20] Missale Strigoniense für Georg Ruem 1. Februar 1493 = HC 11432, Catalogus incunabulorum quae in bibliothecis publicis Hungariae asservantur (CIH). I–II. Budapest 1970. Nr. 2315. – Legendae sanctorum regni Hungariae für Johann Paep 13. Januar 1498 = HC 9998, Catalogus incunabulorum quae in bibliothecis publicis Hungariae asservantur (CIH). I–II. Budapest 1970. Nr. 2045.




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